Vergleich der Optionen der Eigensanierung

Christian Kuhs

Die Eigensanierung ist ein wichtiger Teil des deutschen Insolvenzrechts und bietet Unternehmern in finanziellen Schwierigkeiten mehrere Wege zur Restrukturierung. Die Hauptoptionen sind die außergerichtliche Sanierung, der Sanierungsvergleich und der Insolvenzplan in Eigenverwaltung. In diesem Artikel beleuchten wir die Unterschiede und Gemeinsamkeiten dieser Sanierungswege als Entscheidungshilfe für Neueinsteiger.

Außergerichtliche Sanierung

Bei der außergerichtlichen Sanierung handelt es sich um eine informelle, freiwillige Lösung zur Restrukturierung eines Unternehmens, ohne Einbeziehung eines Gerichts. Diese Option ist in der Regel die kostengünstigste und bietet die größte Flexibilität. Im aller Regel geht die außergerichtliche Sanierung mit einem Instrument wie dem sog. IDW S6 oder anderer vergleichbarer Ansätze (IBR und ähnliche) einher. Der Fokus der außergerichtlichen Sanierung liegt insbesondere auf der Einführung und Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen, die das laufende Geschäft wieder auf eine nachhaltig und branchenübliche Wettbewerbs- wie Renditefähigkeit bringen.

Wesentliche Merkmale:

  • Kosten/Liquiditätseffekte: Keine Kosten für die Erstellung eines Sanierungskonzepts, keine Sanierungskosten.
  • Plausibilitätspflicht: Sanierungskonzept erforderlich.
  • Verfügungsrecht des Schuldners: Schuldner behält die Verfügungsgewalt.
  • Krisenstadium/Insolvenzgründe: Wird bei drohender oder bereits bestehender Zahlungsunfähigkeit verwendet.
  • Notwendigkeit gerichtlicher Maßnahmen: Nicht erforderlich.
  • Rechtsfolgen: Individuelle Verhandlungsergebnisse, kein verbindlicher Zwang.
  • Einbeziehung von Gläubigern: Freiwillig, Gläubiger können selektiv einbezogen werden.
  • Zielsetzung: Erfolgreiche Sanierung ohne gerichtliches Verfahren.

Beispiel: Der Elektronikhändler Conrad Electronic konnte eine außergerichtliche Einigung mit seinen Gläubigern erzielen, ohne dass ein Insolvenzverfahren notwendig war. Diese Lösung ermöglichte es dem Unternehmen, seine Geschäfte fortzuführen und Sanierungsmaßnahmen einzuleiten, ohne dass negative öffentliche Aufmerksamkeit entstand.

StaRUG: Sanierung durch Sanierungsvergleich bzw. Restrukturierungsplan

Das StaRUG bietet Unternehmen, die noch nicht insolvent, aber insolvenznah sind, einen rechtlichen Rahmen, um eine Sanierung durchzuführen. Der Schuldner behält die Kontrolle, allerdings unterliegt der Prozess bestimmten gerichtlichen Auflagen.

Wesentliche Merkmale:

  • Kosten/Liquiditätseffekte: Kosten für Erstellung eines Sanierungskonzepts und die Begleitung des Verfahrens.
  • Plausibilitätspflicht: Sanierungskonzept erforderlich.
  • Verfügungsrecht des Schuldners: Schuldner bleibt im Amt, allerdings mit gewissen Einschränkungen durch gerichtliche Auflagen.
  • Krisenstadium/Insolvenzgründe: Besonders bei drohender Zahlungsunfähigkeit geeignet, greift vor Eintritt der Insolvenz.
  • Notwendigkeit gerichtlicher Maßnahmen: Ja, das Gericht überwacht und steuert bestimmte Maßnahmen, insbesondere die Einbeziehung der Gläubiger.
  • Rechtsfolgen: Gerichtliche Bestätigung des Plans, Möglichkeit, Maßnahmen auch gegen den Willen einzelner Gläubiger durchzusetzen.
  • Einbeziehung von Gläubigern: Zwingend, alle betroffenen Gläubigergruppen müssen einbezogen werden.
  • Zielsetzung: Stabilisierungsmaßnahmen vor der Insolvenz zur Vermeidung eines klassischen Insolvenzverfahrens.

Beispiel: Die Modekette Adler nutzte das StaRUG, um sich 2021 zu restrukturieren. Durch frühzeitige Maßnahmen konnte eine Insolvenz vermieden werden, während die Verhandlungen mit den Gläubigern unter gerichtlicher Aufsicht stattfanden.

Insolvenzplan in Eigenverwaltung

Der Insolvenzplan in Eigenverwaltung ist die gerichtliche Sanierungsoption, bei der das Unternehmen zwar insolvent ist, jedoch die Kontrolle über den Betrieb und die Sanierung behält. Hierbei wird ein Sanierungsplan aufgestellt, der von einem Insolvenzgericht bestätigt werden muss.

Wesentliche Merkmale:

  • Kosten/Liquiditätseffekte: Hohe Kosten durch gerichtliche Begleitung und die Erstellung des Insolvenzplans.
  • Plausibilitätspflicht: Ein Sanierungskonzept ist zwingend erforderlich, und das Gericht prüft dessen Realisierbarkeit.
  • Verfügungsrecht des Schuldners: Schuldner bleibt im Amt, aber unter Aufsicht eines Insolvenzverwalters.
  • Krisenstadium/Insolvenzgründe: Eignet sich besonders für bereits insolvente Unternehmen, die ihre Geschäfte fortführen wollen.
  • Notwendigkeit gerichtlicher Maßnahmen: Unabdingbar, das Gericht leitet und überwacht das gesamte Verfahren.
  • Rechtsfolgen: Der Plan bindet alle Gläubiger, auch jene, die nicht zugestimmt haben.
  • Einbeziehung von Gläubigern: Zwingend, alle Gläubiger müssen einbezogen und über den Plan informiert werden.
  • Zielsetzung: Die Fortführung des Unternehmens trotz Insolvenz.

Beispiel: Ein bekanntes Beispiel für einen Insolvenzplan in Eigenverwaltung ist die Fluggesellschaft Air Berlin, die 2017 einen solchen Plan aufstellte. Trotz intensiver Bemühungen und diverser operativer wie finanzieller Maßnahmen, scheiterte die Sanierung letztlich, und das Unternehmen wurde liquidiert.

Nochmal genauer zur Rolle der Gläubiger in den einzelnen Verfahren

Wie Sie sicherlich gemerkt haben, spielen die Gläubiger eine maßgebliche Rolle im Rahmen der Eigensanierungen, da sie maßgeblich über den Erfolg der Sanierungsbemühungen entscheiden können. Je nach gewählter Sanierungsoption variieren jedoch ihre Rechte und Einflussmöglichkeiten. Grund genug, um nochmal etwas genauer auf die Unterschiede zwischen der außergerichtlichen Sanierung, dem StaRUG und dem Insolvenzplan in Eigenverwaltung in Bezug auf die Rolle und die Rechte der Gläubiger einzugehen

Rolle der Gläubiger im Rahmen außergerichtlicher Sanierungen

Bei der außergerichtlichen Sanierung handelt es sich um eine informelle Lösung zwischen dem Unternehmen und seinen Gläubigern. Das bedeutet, dass alle Vereinbarungen auf freiwilliger Basis getroffen werden müssen. Ein großer Vorteil dieser Methode ist die Flexibilität und Diskretion. Der entscheidende Nachteil besteht jedoch darin, dass kein Gläubiger zur Teilnahme gezwungen werden kann.

  • Einbeziehung: Freiwillig. Gläubiger können individuell entscheiden, ob sie sich an der Sanierung beteiligen.
  • Rechte: Gläubiger können Verhandlungen ablehnen oder ihre eigenen Bedingungen stellen, was die Einigung erschweren kann.
  • Einfluss: Hoher Einfluss der Gläubiger, da ihre Zustimmung notwendig ist, um eine erfolgreiche Sanierung zu ermöglichen.
  • Da hier keine gerichtliche Einbindung erfolgt, besteht kein Mechanismus, um widerständige Gläubiger zu binden. Es gibt keinen sogenannten "cram down"-Mechanismus (siehe mehr dazu nachstehend), der einzelne widerspenstige Gläubiger zu einer Lösung zwingt.
Rolle der Gläubiger im Rahmen des StaRUG (Sanierung durch Sanierungsvergleich bzw. Restrukturierungsplan)

Das StaRUG bietet eine hybride Lösung zwischen der außergerichtlichen Sanierung und einem gerichtlichen Verfahren. Es ermöglicht dem Unternehmen, einen Sanierungsplan aufzustellen, der auch gegen den Willen einzelner Gläubiger durchgesetzt werden kann.

  • Einbeziehung: Zwingend. Alle betroffenen Gläubigergruppen müssen einbezogen werden.
  • Rechte: Gläubigergruppen haben das Recht, über den Restrukturierungsplan abzustimmen. Allerdings können Maßnahmen gegen den Widerstand einzelner Gläubiger ergriffen werden.
  • Einfluss: Mittlerer Einfluss, da das Gericht widerspenstige Gläubiger unter bestimmten Umständen überstimmen kann.
  • Hier kommt der "cram down" zum Einsatz. Das bedeutet, dass der Restrukturierungsplan auch dann bestätigt werden kann, wenn eine oder mehrere Gläubigergruppen dagegen stimmen, solange eine Mehrheit der Gläubigergruppen zustimmt und der Plan fair ist. Dieser Mechanismus gibt dem Unternehmen die Möglichkeit, die Sanierung auch gegen den Widerstand einzelner Gläubiger durchzusetzen.
Rolle der Gläubiger im Rahmen des Insolvenzplan in Eigenverwaltung

Der Insolvenzplan in Eigenverwaltung ist die formalste Option der Eigensanierung, bei der das Unternehmen unter gerichtlicher Aufsicht bleibt, aber weiterhin von der Geschäftsführung geführt wird. Hierbei wird ein Insolvenzplan aufgestellt, der alle Gläubigergruppen betrifft.

  • Einbeziehung: Zwingend. Alle Gläubigergruppen müssen einbezogen und über den Insolvenzplan informiert werden.
  • Rechte: Gläubiger stimmen über den Plan ab. Der Insolvenzplan kann, wie beim StaRUG, gegen den Willen einzelner Gläubiger durchgesetzt werden.
  • Einfluss: Ähnlich wie beim StaRUG besteht ein mittlerer Einfluss der Gläubiger, da auch hier der "cram down"-Mechanismus genutzt werden kann.
  • Der "cram down" ermöglicht es auch hier, dass der Insolvenzplan gegen den Willen einzelner Gläubigergruppen vom Gericht bestätigt wird, wenn die Mehrheit der Gläubiger zustimmt und der Plan als fair bewertet wird.

Kritik a Cram Down

Der Cram Down-Mechanismus ermöglicht es also, Sanierungspläne gegen den Widerstand einzelner Gläubigergruppen durchzusetzen, was in der Praxis zu kontroversen Diskussionen führt. Einerseits wird er als notwendiges Instrument gesehen, um das Überleben eines Unternehmens zu sichern und Verhandlungen mit widerspenstigen Gläubigern zu beschleunigen. Andererseits wird kritisiert, dass er die Rechte einzelner Gläubiger erheblich einschränkt und potenziell unfaire Entscheidungen ermöglicht, die vor allem kleinere Gläubiger benachteiligen können.

Ein prominentes Beispiel ist der Fall Leoni, ein Automobilzulieferer, der 2023 das StaRUG-Verfahren nutzte. Der Cram Down wurde eingesetzt, um den Widerstand einzelner Gläubiger zu umgehen und den Restrukturierungsplan durchzusetzen. Dies führte zu erheblichem Unmut, da kleinere Gläubiger sich benachteiligt fühlten. Ähnlich verhält es sich eventuell im Fall der BayWa, wo Gläubiger Bedenken äußerten, dass ein potentieller Cram Down genutzt werden könnte, um ihre Interessen zugunsten des Unternehmens zu opfern. Doch obgleich die Möglichkeiten des Cram Downs im Zuge des StaRUG noch nicht lange existieren, gibt es mi Varta nun bereits den dritten prominenten Fall, bei dem kleinere Gläubiger zu Gunsten größerer ggf. leer ausgehen könnten. Diese Fälle verdeutlichen die zentrale Kritik am Cram Down: Er stellt die Sanierung des Unternehmens über die individuellen Rechte und Interessen der Gläubiger, was insbesondere bei asymmetrischen Machtverhältnissen problematisch sein kann.


Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Überblick

  • Kosten: Während die außergerichtliche Sanierung meist die kostengünstigste Variante ist, verursachen das StaRUG und der Insolvenzplan aufgrund der gerichtlichen Beteiligung deutlich höhere Kosten.
  • Verfügungsrecht: In allen drei Verfahren bleibt das Verfügungsrecht des Schuldners erhalten, allerdings mit Einschränkungen bei gerichtlicher Begleitung (StaRUG und Insolvenzplan).
  • Gerichtliche Beteiligung: Nur das StaRUG und der Insolvenzplan erfordern zwingend die Beteiligung eines Gerichts, die außergerichtliche Sanierung ist vollkommen unabhängig.
  • Einbeziehung der Gläubiger: Bei der außergerichtlichen Sanierung können Gläubiger selektiv einbezogen werden, wohingegen beim StaRUG und dem Insolvenzplan alle Gläubigergruppen eingebunden werden müssen.
  • Zielsetzung: Alle drei Optionen zielen auf die Restrukturierung und Sanierung ab, jedoch unterscheiden sich die Wege hinsichtlich der Krisenstadien und der Einbindung von Gerichten.

Welche Sanierungsoption ist die richtige?

Die Wahl der geeigneten Sanierungsstrategie hängt von der individuellen Situation des Unternehmens ab. Kleinere Unternehmen ohne starke öffentliche Aufmerksamkeit bevorzugen oft die außergerichtliche Sanierung, während das StaRUG und der Insolvenzplan in Eigenverwaltung ideal für Unternehmen sind, die eine strukturierte, aber dennoch flexible Sanierung unter Einbindung von Gerichten anstreben. Es ist ratsam, professionelle Berater hinzuzuziehen, um die bestmögliche Lösung für das jeweilige Unternehmen zu finden.

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