ESUG oder StaRUG – Welches Verfahren hilft?

Christian Kuhs

Die Entscheidung zwischen dem ESUG und dem StaRUG ist von zentraler Bedeutung für Unternehmen in finanzieller Schieflage. Beide Verfahren bieten unterschiedliche Ansätze und Möglichkeiten, um ein Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Doch welches Verfahren ist das richtige für Ihr Unternehmen? In diesem Blogbeitrag beleuchten wir die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Verfahren und helfen Ihnen, die richtige Wahl zu treffen.

Seit der Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999 und der Reform 2012, die das ESUG ermöglichte, haben Unternehmen in Deutschland neue Wege zur Sanierung gefunden. Das ESUG erlaubte erstmals die Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren, was einen Paradigmenwechsel in der Unternehmensrestrukturierung darstellte. Mit der Einführung des StaRUG im Jahr 2021 hat sich der rechtliche Rahmen nochmals erweitert. Dieses Gesetz zielt darauf ab, Unternehmen schon in einem frühen Krisenstadium zu stabilisieren und eine Insolvenz zu vermeiden.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Beide Verfahren, ESUG und StaRUG, ermöglichen es dem Unternehmen, den Gläubigern einen Plan zur Abstimmung vorzulegen. Dieser Plan, sei es ein Insolvenzplan im Rahmen des ESUG oder ein Restrukturierungsplan im StaRUG-Verfahren, wird bei Zustimmung der Gläubiger und gerichtlicher Bestätigung bindend. Der Fokus beider Verfahren liegt auf der Erhaltung des Unternehmens, im Gegensatz zur Liquidation oder dem Verkauf. Dennoch haben beide Verfahren auch diverse Unterschiede. Lassen Sie uns einen Blick auf die wesentlichen Unterschiede werfen:

Unterschiedliche Zielgruppen und Einsatzgebiete

Während das ESUG ausschließlich für Unternehmen gilt, eröffnet das StaRUG auch Einzelkaufleuten die Möglichkeit zur Restrukturierung, allerdings beschränkt auf unternehmerische Schulden. Dies macht das StaRUG zu einem flexibleren Instrument für eine breitere Zielgruppe.

Zeitpunkt und Voraussetzungen: Der entscheidende Unterschied

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Verfahren liegt im Zeitpunkt ihrer Anwendung. Das StaRUG setzt bei drohender Zahlungsunfähigkeit an. Das bedeutet, dass es eingesetzt werden kann, wenn das Unternehmen innerhalb der nächsten 24 Monate Liquiditätsprobleme erwartet. Das ESUG hingegen kommt zum Tragen, wenn bereits Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten sind. Diese Unterscheidung ist entscheidend, da das StaRUG explizit darauf abzielt, eine Insolvenz zu vermeiden, während das ESUG innerhalb eines Insolvenzverfahrens wirkt.

Gläubigerbeteiligung und Arbeitnehmerrechte

Ein weiterer zentraler Unterschied liegt in der Art und Weise, wie Gläubiger in den Prozess einbezogen werden. Das ESUG verlangt die Einbeziehung aller Gläubiger in die Planlösung, was oft komplexe Verhandlungen erfordert. Das StaRUG erlaubt es dem Unternehmen, nur bestimmte Gläubigergruppen einzubeziehen, was den Prozess vereinfachen kann.

Arbeitnehmerrechte: Im Rahmen des ESUG können auch Arbeitnehmerrechte angepasst werden, was insbesondere bei Sanierungen durch Personalmaßnahmen von Bedeutung ist. Das StaRUG schließt Eingriffe in Arbeitnehmerrechte aus, was den Anwendungsbereich einschränkt.

Liquidität und finanzielle Stabilität

Einer der größten Vorteile des ESUG ist die Möglichkeit zur Schaffung von Liquidität durch gesetzliche Regelungen wie das Insolvenzgeld. Diese Maßnahmen sind im StaRUG nicht vorgesehen, was in Krisenzeiten ein entscheidender Nachteil sein kann. Unternehmen, die dringend Liquidität benötigen, um den Betrieb fortzuführen, sind mit dem ESUG besser bedient.

Gerichtliche Beteiligung: Pflicht oder Option?

Das ESUG ist ein formelles, gerichtlich überwachtes Verfahren. Das Insolvenzgericht übernimmt die Kontrolle und Aufsicht über den Prozess. Beim StaRUG hingegen ist die gerichtliche Beteiligung optional. Unternehmen können den Restrukturierungsplan eigenverantwortlich mit den Gläubigern verhandeln. Eine gerichtliche Einbeziehung ist nur notwendig, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten kommt, die eine gerichtliche Entscheidung erfordern.

Rolle von Sachwaltern und Restrukturierungsbeauftragten

Im ESUG wird dem Unternehmen ein Sachwalter zur Seite gestellt, der den Prozess überwacht und sicherstellt, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Beim StaRUG kann ein Restrukturierungsbeauftragter eingesetzt werden, dessen Aufgaben von der Unterstützung bei der Planerstellung bis hin zur Kontrolle reichen. Die Entlohnung des Beauftragten erfolgt auf Stundenbasis, während der Sachwalter nach der InsVV (Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung) entlohnt wird.

Abstimmungsmehrheiten: Hürden und Chancen

Die Anforderungen an die Abstimmungsmehrheiten unterscheiden sich ebenfalls. Im StaRUG ist eine Summenmehrheit von 75 Prozent aller betroffenen Gläubiger erforderlich, um den Plan zu bestätigen. Im ESUG genügt eine einfache Mehrheit der abstimmenden Gläubiger, wobei eine Summen- und Kopfmehrheit gefordert ist.

Vertragsbeendigung und strategische Planung

Das ESUG bietet die Möglichkeit, belastende Verträge vorzeitig zu beenden, was für Unternehmen in Krisenzeiten von großer Bedeutung sein kann. Das StaRUG erlaubt dies nicht, was es weniger flexibel macht. Unternehmen, die sich von unattraktiven Standorten oder langfristigen Verträgen trennen möchten, sind mit dem ESUG besser beraten.

Überschuldung und drohende Zahlungsunfähigkeit

Ein entscheidender Aspekt bei der Wahl zwischen ESUG und StaRUG ist der Umgang mit dem Insolvenzgrund der Überschuldung. Unternehmen müssen bei drohender Zahlungsunfähigkeit entweder Insolvenz anmelden oder eine Restrukturierung nach StaRUG anstreben, um persönliche Haftungsrisiken für die Geschäftsleitung zu vermeiden. Dieser Druck zur rechtzeitigen Handlung ist ein Mechanismus, der Unternehmen dazu zwingt, sich frühzeitig mit ihrer finanziellen Situation auseinanderzusetzen.

Fazit: Die richtige Wahl treffen

Die Wahl zwischen ESUG und StaRUG hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die finanzielle Situation des Unternehmens, die Art der Verbindlichkeiten und die strategischen Ziele der Sanierung. Beide Verfahren bieten Vor- und Nachteile, die sorgfältig abgewogen werden müssen. Eine rechtzeitige und fundierte Entscheidung kann den Unterschied zwischen einer erfolgreichen Sanierung und einer Insolvenz ausmachen.

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