#SHIFTHAPPENS2024: Haltestrategien vs. Innovation

Christian Kuhs

Setzen Unternehmen angesichts der volatilen globalen Entwicklungen auf die richtigen Maßnahmen? Was macht Unternehmen in der Umsetzung ihrer Strategie erfolgreich? Die Studie #SHIFTHAPPENS geht in die fünfte Runde: Über 500 Experten aus Deutschland und der USA berichten über Strategien, Maßnahmen und Realisierung sowie über die Rolle des Project Management Offices (PMO). Im Fokus steht dabei die Frage, wie Unternehmen in der wirtschaftlich und geopolitisch volatilen Lage (re-)agieren.

Was ist die #SHIFTHAPPENS Reihe?

Dr. Jonas Steeger ist Geschäftsführer von Nordantech und Autor von #SHIFTHAPPENS. Die Studienreihe beleuchtet die aktuellen Veränderungen von Unternehmenstransformationen und Projektportfoliomanagement. Besonders spannend: Jedes Jahr sind einige ausgewählte Experten und Expertinnen dabei, die mit einem ausführlichen Zitat ihre Meinung zu bestimmten Fokusthemen und spannende Einblicke mit uns teilen.

5 Jahre #SHIFTHAPPENS und nun ein Blick über den Teich

2024 widmet sich unsere Studienreihe #SHIFTHAPPENS wieder dem Transformationsgeschehen und untersucht, wie Unternehmen in der wirtschaftlich und geopolitisch volatilen Lage (re-)agieren. Die Kurzfassung: Unternehmen reagieren weiterhin mit Haltestrategien auf die aktuelle Situation – aber mit einem Silberstreifen am Horizont.

An der diesjährigen #SHIFTHAPPENS Studie nahmen insgesamt 541 Experten teil – darunter 100 Experten aus den USA, die dieses Jahr erstmalig befragt wurden. Sofern nicht anders gekennzeichnet, beziehen sich die Studienergebnisse im Weiteren auf die Antworten der deutschen Experten.

2024: 500 Teilnehmende mit mindestens 10 Jahren Berufserfahrung

Knapp die Hälfte der Befragten aus Deutschland gehört entweder zur Geschäftsführung oder ist Teil der Projektleitung im jeweiligen Unternehmen. Fast zwei Drittel wirken in allen Phasen der Transformation aktiv mit, d. h. sowohl in der Analyse- als auch in der Umsetzungsphase. Rund drei Viertel der Interviewten blicken dabei auf mindestens 10 Jahre Berufserfahrung zurück, mehr als ein Drittel der Teilnehmer beschäftigt sich seit über 20 Jahren konkret mit Transformationen.

Konjunkturaussicht ist weiterhin gedämpft

Seit März 2020 fragt Dr. Jonas Steeger die Teilnehmer der jährlichen Studie nach ihrer persönlichen Konjunkturprognose für die kommenden zwölf Monate. Die diesjährige Befragung zeichnet ein trübes Bild – das trübste, das im Rahmen von #SHIFTHAPPENS bisher erhoben wurde: Ganze 65 % der Befragten aus Deutschland sehen eine weitere Abwärtsbewegung oder gar eine handfeste Rezession auf Deutschland zukommen. Magere 5 % gehen von einem Aufschwung aus.

„Die Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft ist kein konjunkturelles Phänomen mehr, sondern längst strukturell verursacht. [...] Der Produktivitätszuwachs und das Wachstumspotenzial bleiben den Prognosen zufolge auch in den kommenden Jahren schwach. Die Finanzierung des Sozialstaats und der industriellen Transformation wird so immer schwieriger und kann zu politischen Konflikten führen [...].” – Prof. Dr. Henning Vöpel, Vorstand des Centrums für Europäische Politik, kommentiert die konjunkturelle Entwicklung

Was wissen schon 500 Experten – Sie wollen Fakten? Lesen Sie unseren Resilienz-Reality-Check

Studienautor Dr. Jonas Steeger ist nicht nur Statistiker im Herzen, sondern auch in der Profession: Allein aus der subjektiven Wahrnehmung der Experten Handlungsempfehlungen abzuleiten, genügt seinen Qualitätsansprüchen nicht. Daher ist der Resilienz-Reality-Check ein fester Bestandteil der jährlichen #SHIFTHAPPENS-Studie.

Der Resilienz-Reality-Check gleicht die Antworten der Experten aus dem Vorjahr mit öffentlich zugänglichen Informationen wie dem BIP, dem Konsumklimaindex, Preisentwicklungen oder der Arbeitsmarktentwicklung ab und prüft rückwirkend, wie nah Experteneinschätzungen und Realität beieinander lagen.

Transformationsdruck ungebrochen hoch - diese Treiber stecken dahinter

Der individuell wahrgenommene Transformationsdruck auf Unternehmensebene bleibt nach wie vor hoch: 84 % der Befragten berichten von einem aktuell hohen bis sehr hohen Transformationsbedarf. Als stärkster Transformationstreiber wird auch in diesem Jahr wieder der Preis- und Kostendruck wahrgenommen – mehr als zwei Drittel bestätigen dies. Nur einer von 25 Befragten empfindet die Preis- und Kostensituation als geringen Wirkfaktor.

„[...] Wir unterschätzen ständig, wie kleine Veränderungen riesige Auswirkungen haben können. Besonders wenn diese Veränderungen das Potenzial für schnelles Wachstum bergen. Künstliche Intelligenz ist ein perfektes Beispiel dafür [...].” – Christoph Magnussen, Geschäftsführer von Blackboat

Während einige Unternehmen Pioniere der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von KI sind, drohen andere den Anschluss zu verlieren. Der Wille, sich zu verändern, scheint oftmals dem Zwang zu weichen – insofern korreliert der Digitalisierungsdruck mit Sicherheit auch mit einem anderen Treiber, der erstmalig seit 2021 wieder unter den Top-5 angekommen ist: dem Innovationsdruck.

Strategischer Impact und Priorisierungslogik klaffen teilweise weit auseinander

In Anbetracht des Rankings zu den stärksten Transformationstreibern ist es kaum überraschend, dass Maßnahmen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung sowie zur Prozessoptimierung – und damit im Kern risikoärmere und stabilisierende Initiativen – derzeit am höchsten priorisiert werden. Das Chart zur Frage, welche Maßnahmentypen in den letzten 12 Monaten von Unternehmen priorisiert wurden, finden Sie in unserer Studie, auf der Seite 34: [Link LP Studie]

Gleichzeitig wurden die Experten danach gefragt, welche Maßnahmen sie mit Blick auf den strategischen Impact für die relevantesten halten. Spoiler: An der Spitze des Rankings stehen nicht die derzeit priorisierten Maßnahmen.

Tatsächlich erachten 53 % der befragten Experten Maßnahmen zur Geschäftsmodellinnovation als strategisch besonders relevant, während die Geschäftsmodelle in der Praxis mehrheitlich unangetastet bleiben. Im Ranking der aktuell priorisierten Maßnahmen liegt diese abgeschlagen auf Platz 8 von 12 – eine Diskrepanz, die nun bereits das vierte Jahr in Folge zu beobachten ist.

„Obwohl einige Unternehmen bereits wieder aktiv auf Innovation setzen, bleibt die Mehrheit in einer abwartenden Haltung – und die Schwierigkeit, den internationalen Anschluss zu halten, wächst von Stunde zu Stunde. Daher ist es wichtig, nicht weiter auszuharren, sondern aktiv wieder den Vorwärtsgang einzulegen.“ – Dr. Jonas Steeger, Studienautor SHIFTHAPPENS

In unserem Interview erläutert Dr. Jonas Steeger seine persönliche Meinung zu den Studienergebnissen und zum aktuellen Transformationsgeschehen. Hier gehts zum Interview!

Sind die US-Amerikaner risikoaffiner?

Erstmalig wurden im Rahmen von #SHIFTHAPPENS auch US-amerikanische Unternehmensvertreter befragt – insgesamt 100 Experten äußerten sich in der Studie.

Der direkte Vergleich der priorisierten Maßnahmen zeigt: Die US-Amerikaner setzen im Schnitt deutlich häufiger auf Maßnahmen, die das Geschäftsmodell selbst oder zumindest die Topline betreffen. Die in Deutschland vorherrschenden abwartenden und geschäftsmodellerhaltenden Strategien scheinen in den USA eine eher untergeordnete Rolle zu spielen.

Der Vergleich der Rankings zum zugeordneten strategischen Mehrwert deutet zudem einen per se anderen Umgang mit Risiken an. So sprechen die US-Amerikaner umsatzbezogenen Maßnahmen durch die Bank einen größeren strategischen Mehrwert zu, während sie Kostensenkungsambitionen weniger Gewicht beimessen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Priorisierung und der zugewiesene strategische Impact in den USA deutlich näher beieinanderliegen als dies in Deutschland der Fall ist. Kurz gesagt: In den USA wird das, was als wichtig erachtet wird, auch bearbeitet und umgesetzt.

Was ist die wichtigste Voraussetzung für ein erfolgreiches PMO?

Hinter dieser Abbildung steht eine spannende Fragetechnik. Die Experten wurden gebeten, jeweils den Aspekt eines PMO-Settings auszuwählen, den sie als den wichtigsten und unwichtigsten einstufen. Jeder Experte hatte also zwei Stimmen zu vergeben. Die Grafik zeigt dabei durch die Länge der Balken, wie oft ein Setting überhaupt eine Stimme erhalten hat. Die Verteilung je Balken zeigt zusätzlich die Ausprägung.

Die meisten Experten haben berichtet, dass die Zertifizierung sowie die Stellung und Vernetzung der PMO-Mitarbeiter im Unternehmen Voraussetzung für ein erfolgreiches PMO sind. Diese Einigkeit besteht unabhängig von der Größe des Unternehmens, der Branche oder anderen Faktoren.

Fazit:

Nach wie vor operieren Unternehmen in einer Umgebung, die einer Polykrise gleicht. Das globale Kriegsgeschehen samt aller damit verbundenen humanitären und wirtschaftspolitischen Auswirkungen, die aggressiven Wettbewerbspraktiken Chinas und auch der Klimawandel beeinflussen maßgeblich, welche Projekte und Maßnahmen Unternehmen und insbesondere PMOs anstoßen, (de-)priorisieren oder abbrechen. Gleichzeitig bieten sich durch den nun niedrigschwelligen Zugang zu KI-Tools für viele Unternehmen völlig neue Möglichkeiten.

Die sich ständig verändernden Rahmenbedingungen und die damit einhergehende Planungsunsicherheit verlangen Unternehmen und PMOs einiges ab und erschweren insbesondere das Planen und Umsetzen komplexer Transformations- und Strategieprojekte. Insgesamt eher mäßige Projekterfolge und hohe Abbruchquoten überraschen daher kaum – die genannten Gründe jedoch umso mehr, denn diese sind größtenteils hausgemacht und eigentlich (!) nahezu sofort adressierbar.

Ebenfalls nicht verwunderlich und wohl kein Anlass zu Freudensprüngen ist die Erkenntnis, dass Unternehmen angesichts der angespannten Lage weiterhin eher auf abwartende und im Kern erhaltende Strategien setzen, statt in Innovation und technologische Weiterentwicklung zu investieren. Grund zur Hoffnung bietet ein kleiner Teil der Befragten, dem es gelungen ist, trotz aller Volatilität einen Wandel der eigenen Priorisierungslogik zu erzielen und wieder aktiv mittel- bis langfristige Projekte in den Fokus zu rücken.

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Ihr Ansprechpartner: Christian Kuhs
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