Die US-Telekommunikationsaufsicht FCC hat im Dezember 2017 gerade das Regulatorium zur Netzneutralität entkernt. Doch was heißt das und warum sollte Sie das interessieren? Wir zeigen Ihnen, warum jedes Unternehmen von dieser Diskussion betroffen ist.
Fangen wir mal ganz vorne an. Netzneutralität bedeutet grundsätzlich die gleichberechtigte (neutrale) Übertragung von Daten im Internet. Der Zugang zu Daten wird nicht diskriminiert. Diese Neutralität kann jedoch auf unterschiedlichen Ebenen realisiert werden. In einem sogenannten egalitären Netz werden alle Daten gleichbehandelt. Weder Art des Senders, noch Plattform oder Empfänger beeinflussen die Übertragung.
Doch nicht für alle Dienste ist das vollständig egalitäre Netz optimal. Manche Dienste vertragen Verzögerungen nur schlecht, benötigen aber nur ein geringes Datenvolumen (zum Beispiel Chats oder Telefondienstleistungen). Andere hingegen kommen mit Verzögerungen klar, aber brauchen schlicht mehr Datenvolumen (zum Beispiel Videoanbieter). Netzneutralität kann deshalb im weiteren Sinne auch anwendungsbezogen definiert werden. Ähnliche Anbieter, also zum Beispiel alle Onlineshops, werden gleichbehandelt. Zwischen den Diensten wird jedoch unterschieden. Mit dieser Variante der Netzneutralität kann unterschiedlicher Anspruch abgegolten werden.
Aber warum ist das überhaupt wichtig? Internetanbieter, regulär auch als Provider bezeichnet, sehen sich immer stärker wachsenden Datenströmen gegenüber. Diesem Wachstum kann natürlich mit einem Netzausbau begegnet werden - oder eben mit einem unterschiedlich schnellen Transport. An dieser Stelle streiten sich die Geister. Zum Teil lehnen Provider Netzneutralität komplett ab. Sie möchten zukünftig auf ihren Netzen Daten mit unterschiedlichen Qualitätsgarantien übertragen. Das Hauptargument: Der Kapazitätsausbau des Netzes sei zu teuer und wenn, dann nur durch eine Erhöhung der Gebühren finanzierbar. Die andere Seite befürchtet, dass Unternehmen fehlende Netzneutralität ausnutzen könnten. Indem solche mit den entsprechenden Mitteln die Internetdienstanbieter für die Priorisierung ihrer eigenen Inhalte bei der Übertragung bezahlen, könnten (Quasi-)Monopole entstehen oder gestärkt werden.
Zur Visualisierung: Stellen sie sich vor, dass Sie jeden Tag verschiedene Postpakete von unterschiedlichen Händlern erhalten. Die Pakete entsprechen Ihrem Datenvolumen und die Shops webbasierten Dienstleistern. Alle Pakete werden von ein und demselben Lieferanten - dem Internet Provider - geliefert.
Der Abbau von Netzneutralität könnte bedeuten, dass Sie einige Pakete von einigen Händlern später bekommen, denn ihr Lieferant handelt mit den Shops verschiedenste Lieferbedingungen aus, ohne dass Sie es beeinflussen können. Einigen sich Händler und Lieferant nicht, kriegen Sie die gewünschten Pakete sogar gar nicht mehr. Auch ein neuer Shop kann es schwieriger haben. Nämlich dann, wenn für die Übertragung von Daten Investitionen notwendig sind, die ein neuer und vielleicht noch kleiner Händler nicht so einfach stemmen kann.
Die bevorzugte Behandlung ausgewählter Dienste ist übrigens schon heute Realität: Nutzen Sie T-Mobile, können Sie gar nicht oder nur unter beschwerten Bedingungen Skype auf dem iPhone nutzen. Auch andere Services werden bei Anbietern schon heute bevorzugt. Auch bei Vodafone rechnet den Datenverkehr bestimmter Dienste teilweise nicht auf das Inklusivvolumen von Mobilfunktarifen an.
Was bedeutet dies ganz praktisch für Sie und Ihr Unternehmen? Ganz einfach. Unternehmen wie wir es sind, also junge Unternehmen, die ihr Dasein auf der Prämisse des freien Internetzugangs und der Gleichbehandlung von Daten basieren, könnten es schwerer haben, bei fehlender Netzneutralität Ihre Nachfrage zu bedienen. Das Internet könnte zur neuen Innenstadt werden: Egal in welcher Stadt Sie ankommen, Ketten und immer die gleichen Filialen in gleicher Aufmachung bestimmen den Ton. Die Individualität geht verloren. Sollten Sie selber im Rahmen der Digitalisierung online Dienstleistungen anbieten wollen, kann dies auch direkt und unmittelbar Ihr Geschäftsmodell betreffen.
Wie schützt Netzneutralität Ihr eigenes Geschäftsmodell?
Netzneutralität beugt einem "Zwei-Klassen-Internet" vor und zwingt Provider, Datenströme egalitär zu behandeln. Das schützt Sie als Internetnutzer und auch Ihr Unternehmen, ganz egal, in welche Branche Sie unterwegs sind:
- Wenn Ihr Geschäftsmodell auf einer Webseite als Werbeinstrument oder Vertriebskanal aufbaut, bewahrt Netzneutralität Sie davor, dass sich ein Marktbegleiter einen unlauteren Vorteil verschafft, indem er bei einem Internet Provider für bevorzugten Bandbreite bezahlt. Unternehmen können sich also nur einen Vorteil verschaffen, indem sie ein Produkt anbieten, das mit der für alle Marktbegleiter gleich verfügbaren Bandbreite eine bessere Leistung für ihre Kunden bietet.
- Doch genauso wie Netzneutralität Ihre eigene Webseite oder Applikation schützt, bewahrt die Netzneutralität auch ebenes Spielfeld für alle Unternehmen, bei den Sie möglicherweise Kunde sind. Nutzen Sie eine von externen Dienstleistern entwickelten Online Shop oder die Amazon-Plattform? Dann sind Sie durch Netzneutralität davor geschützt, dass dieser Anbieter in seiner Performance benachteiligt wird oder durch Preiskämpfe zur Eroberung von Vorteilen ins Aus gespielt wird. Ihre Dienstleistung ist weiterhin uneingeschränkt und Ihnen bleiben die mit einem Anbieterwechsel verbundene Kosten erspart.
- Netzneutralität schützt Sie außerdem in der Position des Kunden im Verhältnis zu Ihrem Internet Provider. Ihr Provider kann Sie zum einen nicht mit bevorzugtem Behandeln Ihrer Datenübertragung gegenüber von Konkurrenten in teurere Tarife drängen. Auch die Übertragung Ihrer Daten kann durch Ihren Provider nicht künstlich verlangsamt werden, um Ihnen mehr Geld für die Aufstufung aus der Tasche zu ziehen.